Aus dem dichten, grünen Wald trete ich auf eine Lichtung und stehe plötzlich den Statuen dreier römischer Götter gegenüber (naja, zumindest den Resten davon). Direkt daneben finde ich die Ruine des Tempels, in dem ihrer vor langer Zeit gehuldigt wurde. Doch ich bin nicht etwa irgendwo in Italien – nein, ich befinde mich mitten in Deutschland: im Odenwald!
Hier, im Dreiländereck Hessen/Bayern/Baden-Württemberg, kann ich mich in herrlicher Natur auf eine spannende und unterhaltsame Zeitreise begeben und die Spuren der Antike entdecken.
Der LIMES
Denn vor etwa 2000 Jahren dehnte sich das Herrschaftsgebiet des römischen Reiches bis nach Germanien aus und die alten Römer haben aus dieser Zeit ein sehr wichtiges Relikt zurückgelassen: den LIMES, den Grenzwall, mit dem sie sich gegen die Barbaren aus dem Osten geschützt hatten.
In Deutschland erstreckt er sich auf 550 Kilometer und ist somit das längste Bodendenkmal nach der Chinesischen Mauer! Er ist inzwischen UNESCO– Weltkulturerbe und kann entlang der LIMES-Straße, dem LIMES-Radweg und dem LIMES-Wanderweg auf vielfältige Weise erkundet werden.
Hunderte von Militärlagern, Kastellen, Wachtürmen, Mauern und Palisaden zogen sich einst entlang der Grenzlinie. Ein Teil davon ist heute noch vorhanden oder wurde wieder rekonstruiert.
Südlich von Miltenberg verlaufen durch den Odenwald sogar zwei alte Befestigungsanlagen: der westliche und ältere Odenwald-Limes und der später erbaute, östlichere Vordere Limes (auch obergermanisch-raetischer Limes genannt)
https://www.naturpark-neckartal-odenwald.de/erleben/kultur-erleben/limes-und-roemer/
Unter den vielen Wandermöglichkeiten auf den Spuren des alten Grenzwalls entscheide ich mich für einen (zugegeben nicht sehr langen) Spaziergang entlang des Odenwald-Limes auf dem Limeslehrpfad Schloßau. Denn das soll der landschaftlich reizvollste Abschnitt dieses älteren Teils der Grenze sein.
Dieser Teil des LIMES liegt idyllisch in der herrlichen Landschaft und ist keine besonders berühmte Touristenattraktion. Deshalb kann ich die Wanderung ganz in Ruhe genießen, denn außer mir sind nur wenige andere Menschen hier unterwegs!
Startpunkt
Schloßau liegt etwa 28 Kilomter südlich von Miltenberg, 35 Kilometer südöstlich von Michelstadt im Odenwald.
Startpunkt meiner Tour ist der Parkplatz an der Kreuzung der Straßen Eberbach-Amorbach und Schloßau-Hesselbach (etwa 3 Kilometer westlich von Schloßau)
Der Limeslehrpfad ist hervorragend ausgeschildert und ich kann mich an den großen Informationstafeln direkt am Parkplatz super orientieren.
Als erstes möchte ich den nord-westlichen Abschnitt des Lehrpfads erkunden.
Dazu muss ich erst einmal die Straße überqueren und dem Weg nach links in den Wald folgen.
Immer dem großen grünen L nach!
Ein wunderschöner Weg führt durch den Wald. An diesem herrlichen Frühsommer-Tag bahnt sich die Sonne ihren Weg durch das Laub und lässt den Wald leuchten. So macht das Wandern Spaß!
Nach etwa 10 Minuten erreiche ich den ersten Stopp, den Wachtposten „Fischerpfad“.
Ganz ehrlich: so idyllisch, wie er heute im Wald liegt, kann ich mir gar nicht vorstellen, dass vor knapp 2000 Jahren hier jede Menge Soldaten herummarschiert sind.
Wie einst der ursprüngliche Holzturm und später dann der steinerne Wachturm entstanden sind und viele andere interessante Erläuterungen finde ich wieder auf einer Schautafel.
Und irgendwie bekomme ich die ganze Zeit die Bilder der Römer aus den „Asterix“-Comics nicht aus dem Kopf und erwarte eigentlich jeden Moment, dass aus dem dichten Wald ein paar Wildschweine herausspringen (natürlich verfolgt von Obelix!)
Ab hier wird der Weg ein klein wenig anstrengender, denn es geht bergauf.
Vorbei am nächsten Wachtposten „Klosterwald“
erreiche ich den höchsten Punkt des Odenwald-Limes.
Hier stand einst der Wachtposten „Hohwald“.
Die verschiedenen Wachtposten unterscheiden sich kaum voneinander. Der Grundriss des steinernen Turm ist sehr schön rekonsturiert. Die Lage des älteren Holzturm kann ich anhand der Karte auf der Informationstafel nachvollziehen, zu erkennen ist davon allerdings nichts mehr (außer einem kleinen Hügel, den ich mehr erahnen als tatsächlich sehen kann)
Nur ein kleines Stückchen weiter (und schon wieder ein bisschen tiefer gelegen), erwartet mich eine kleine Sensation:
Die LIMESMAUER
Der Rest einer Steinmauer, die hier an der Stelle, völlig ungewöhnlich, statt der üblichen Holzpalisade erbaut wurde!
Nun zeigt sich, dass es eine gute Entscheidung war, mit ordentlichem Schuhwerk loszulaufen. Denn der Weg führt auf einmal recht steil nach unten. Und endet zunächst an einem kleinen Parkplatz.
Laut Wegbeschreibung soll hier das „Kleinkastell Zwing“ zu finden sein. Allerdings ist von einem Kastell nicht wirklich etwas zu sehen, lediglich ein kleines Mauerstück ist erhalten geblieben.
Die restlichen Steine wurden, so kann ich es auf der Tafel nachlesen, im 18. Jahrhundert für den Bau des naheliegenden Schlosses Waldleiningen verwendet. Nach unserer heutigen Auffassung von Denkmalschutz einfach unglaublich!
Der Weg führt auf der anderen Straßenseite weiter, an mehreren Wachtposten vorbei bis zum Kastell Hesselbach. Das lasse ich aber heute aus und kehre lieber um.
Denn ich möchte noch einen ganz besonderen Ort hier am Limes besuchen.
Dazu muss ich aber umdrehen, den Weg zurück bis zum Parkplatz laufen und da die Kreuzung überqueren. Dort finde ich das Hinweisschild des „Kleinkastells Seitzenbuche“ (von dem leider gar nichts erhalten ist).
Hier ist es erst einmal ein bisschen schwierig, den Weg zu finden. Der verläuft nämlich erst mal ein Stück direkt an der Straße entlang (angesichts des sonntäglichen Ausflugsverkehrs muss ich etwas aufpassen, besonders Motorradfahrer lieben diese kurvenreiche Waldstrecke). Nach ein paar hundert Metern entdecke ich das grüne L, das links in den Wald hineinweist.
Sofort umgibt mich wieder tiefes Grün und herrliche Ruhe!
Und dann, nur wenige Minuten, nachdem ich in den Waldweg abgebogen bin, erreiche ich ihn – den vielleicht schönsten Punkt des Odenwald-Limes:
Die große Lichtung „In der Schneidershecke“
Wie bei den anderen Wachtposten, an denen ich vorbeigekommen bin, ist der Grundriss des alten Steinturms schön erhalten. Viel besser als an den anderen Stellen zuvor kann ich hier aber auch noch erkennen, wo einst der Holzturm stand.
Sogar mit Luftbild!
Doch nicht diese Türme sind das Highlight dieser Anlage, sondern die Reste des Heiligtums, in dem einst die Götter, vor allem der Kriegsgott Mars, verehrt wurden.
Der Marstempel
Die Ruinen des einstigen Marstempels liegen schön auf der Lichtung.
Die Reste der Statuen der Götter Salus, Mars und Victoria stehen auf der Wiese daneben. Sie sind allerdings Repliken, die Originale stehen im Römermuseum Osterburken.
Auch Jupiter, dem Göttervater, wurde hier einst mit einem Altar gehuldigt.
Heute endet meine Wanderung hier. Hätte ich mehr Zeit, könnte ich jetzt noch weiter nach Schloßau wandern. Dort sollen sich noch die Reste eine Numeruskastells mit Kastellbad befinden.
Ein andermal vielleicht…
Ich war auf meiner Tour etwa eineinhalb Stunden unterwegs. Wer mehr Zeit hat und länger wandern möchte, könnte seinen Weg auch zu einer etwa 14 Kilometer langen Rundwanderung über Ernsttal und Schloß Waldleiningen ausdehnen.
Für mich war das heute auf jeden Fall ein toller Spaziergang durch einen wunderschönen Wald mit ganz vielen interessanten Informationen über längst vergangene Zeiten und eine verlorene Kultur. Eine Wanderung auf dem LIMES macht richtig Spaß und kann ich nur empfehlen!
Denn hier erlebt ihr die für uns heute sehr weit zurückliegende, unwirkliche Römerzeit mal nicht als trockenen Schulstoff, sondern hautnah! Und noch dazu in einer herrlichen Landschaft!
Auch für Kinder ist der Weg super spannend gestaltet.
Wer noch tiefer in die Zeit der Römer in Germanien und die Geschichte des LIMES eintauchen möchte, dem kann ich den Besuch im Römermuseum Osterburken empfehlen (etwa 30 Kilometer von Schloßau entfernt)
Die Wanderung auf dem Limes könnt ihr sehr gut mit einem Besuch der wunderschönen Stadt Miltenberg verbinden:
http://roaddreamin.de/fachwerkidylle-wie-aus-dem-bilderbuch-miltenberg-am-main/
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One thought on “Wie einst die alten Römer – Wandern auf dem LIMES im Odenwald”