Marrakesch- der Name allein war für mich über viele Jahre der Begriff für Orient, 1001 Nacht und Märchen.
Anscheinend nicht nur für mich, denn mit ihrer mystischen Ausstrahlung zog diese Stadt ja bereits das ganze 20. Jahrhundert Künstler und (in den 1960er Jahren) Hippies an. Dahin musste ich unbedingt einmal und in ihrer Stimmung abtauchen.
Und so erfüllte ich mir diesen Traum zusammen mit meiner Freundin Geli (Frauenurlaub also…).
Bei manchen Bekannten stießen wir auf Unverständnis: Wie wir denn uns als Frauen alleine in ein islamisches Land wagen könnten. Doch eines vorneweg: Marrakesch ist eine sehr offene, von Touristen vielbesuchte Stadt, in der wir uns nie unangenehm bedrängt oder belästigt fühlten.
So setzten wir uns an einem, in Deutschland bereits grauen und trüben Oktobertag in den Flieger nach Marokko. Knapp fünf Stunden später landeten wir in Marrakesch (die Fluglinie Ryanair bietet von mehreren Flughäfen in Deutschland Direktflüge an).
Unsere Unterkunft
Marrakesch besteht ja, wie eigentlich alle orientalischen Städte, aus einer Altstadt (Medina) und einer Neustadt. Seit einigen Jahrzehnten herrscht hier ein regelrechter Immobilienboom. Die klassischen Häuser in der Altstadt (Riads) werden besonders von Europäern gern gekauft und renoviert. Aber auch in der Neustadt entstehen immer mehr moderne Hotelanlagen.
Uns war aber schnell klar: wir wollen in einem klassischen Riad in der Medina wohnen, also mitten im quirligen Geschehen..
Und so fanden wir ein kleines Paradies:
Dar Charkia
Von außen, wie alle Riads, eher unscheinbar in einer der verwinkelten kleinen Gassen der Medina gelegen, entpuppt es sich beim Eintreten als eine wunderschöne Oase.
Das englisch-deutsche Ehepaar Lisa und Michael hat vor einigen Jahren dieses traditionelle Altstadthaus zu einem sehr geschmackvollen kleine Hotel umgewandelt. Gerade einmal fünf Zimmer und eine Suite – mehr gibt’s hier nicht. Die Gästezahl ist also klein, das Hotel daher sehr familiär.
Als typisches Riad hat das Haus keine Fenster zur Straße, aber dafür einen Innenhof, um den herum sich auf den oberen Stockwerken die Zimmer befinden, und natürlich ganz oben eine herrliche Dachterrasse mit Blick über die Dächer von Marrakesch.
Lisa hatte uns einen Shuttle organisiert, der uns am Flughafen abholte und direkt zum Riad brachte. Der Empfang dort war sehr sehr nett. Wir fühlten uns nicht wie fremde Gäste, sondern wurden wie Freunde, die zu Besuch kommen, aufgenommen.
Zusammen mit dem traditionellen marokkanischen Minztee gab es eine Einführung zu Marrakesch. Michael erzählte uns alles über die Stadt, die Sehenswürdigkeiten und gab viele praktische Tipps wie z.B. über das Handeln in den Souks. Auch einen Stadtplan mit persönlichen Anmerkungen zu Cafes und Restaurants (und sauberen Toiletten!!!) gab er uns mit. In unserem Zimmer lag noch ein Heftchen mit den wichtigsten Infos zur Stadt. Sehr hilfreich war zum Beispiel auch eine Auflistung, wieviel man für Sachen, die man in den Souks kaufen wollte, bezahlen sollte (sich also beim Handeln nicht übers Ohr hauen lassen sollte). Also eine perfekte Rund-Um-Betreuung!
Das leckere Frühstück konnten wir entweder im Innenhof oder auf der Dachterrasse genießen.
Das „Dar Charkia“ ist zwar kein Restaurant, bietet aber auf Vorbestellung auch ein delikates und sehr reichhaltiges marokkanisches Dinner an.
Weil das „Dar Charkia“ direkt in der Medina liegt, waren es für uns nur ein paar Schritte in die Souks von Marrakesch, dem Herz der Altstadt:
Durch die Souks
Durch die Souks der Medina zu bummeln, ist ein Erlebnis. Bunte Stoffe, Babouches (Pantoffel), Lederwaren und natürlich Gewürze- das Angebot ist riesig.
Stunden kann man sich treiben lassen und schauen. Das Gewirr der Gassen ist verwinkelt und schnell verliert man die Orientierung , aber keine Angst: Irgendwann kommt man aus den Souks wieder hinaus und weiß dann anhand markanter Gebäude wie Moscheen oder auch Plätzen, auf denen man landet, wo man ist.
Doch Vorsicht: die Einwohner von Marrakesch lieben ihr Moped und fahren damit auch durch die engsten Altstadtgassen. Deshalb sollte man immer wachsam und bereit sein, sich eng an eine Hausmauer zu stellen, wenn man Motorgeräusche hört,um so Kollissionen zu vermeiden.
Natürlich wird man von den Händlern ständig angesprochen, das ist einfach ihr Job und macht die Atmosphäre eines Basars aus.
Wer sich davon gestört fühlt, für den ist das hier vielleicht der falsche Ort. Mitteleuropäische Distanz kennt man hier nicht, der Kontakt zwischen Händlern und Käufern ist ein Teil der Kultur.
Mit einem sehr freundlichen, aber bestimmten : “Non, merci“ kommt man aber an den Händlern doch sehr leicht vorbei.
Wenn man aber doch daran interessiert ist, etwas zu kaufen, muss man sich natürlich auf das traditionelle Handeln einlassen:
Man sollte allerdings nur mit Preisverhandlungen beginnen, wenn man wirklich was kaufen möchte. Denn einen Preis aushandeln und dann doch nichts kaufen, ist gegen die ungeschriebenen Gesetze des Basars und bringt einem mit Sicherheit den Ärger der Händler ein.
Ist man sich darüber im Klaren, kann es losgehen:
Der Preis, den der Händler zuerst vorschlägt, ist natürlich utopisch. Das sollte man wissen und sich nicht gleich empört und vielleicht sogar beleidigend schimpfend abwenden. Vielmehr sollte man sich vorher überlagt haben, wieviel man zahlen möchte.
Das erste Angebot, das man dann abgibt, sollte weit unter dem beabsichtigten Preis liegen. Natürlich klaffen zuerst die Preisvorstellungen des Händlers und des Kunden um Welten auseinander. Doch nach und nach nähert man sich an. (will man z.B. ein Paar Babouches für 10€ kaufen, wird der Händler für sie zuerst wahrscheinlich 30€ fordern. Das erste Gegenangebot kann dann 1€ sein, woraufhin der Händler mit gespieltem Entsetzen reagieren wird. Dann wird er auf vermutlich 25 € reduzieren, woraufhin man dann ja schon mal 3€ bieten könnte, usw….)
Das ist Teil des Spiels. Sollte sich der Händler aber letztendlich doch nicht bis zum beabsichtigten Preis herablassen, genügt oft ein „Non, merci. Au revoir“. Dreht man sich mit dieser Verabschiedung um und möchte weggehen, wird man oft zurückgehalten und bekommt doch noch seinen gewollten Preis.
Und wenn nicht? Nun – in den Souks gibt es viele Geschäfte, die die gleichen Waren anbieten (Handarbeit ist inzwischen sowieso das meiste nicht mehr, sondern wird in großen Mengen produziert und verkauft). So steht der nächste Händler schon wenige Meter weiter und das Spiel kann von Neuem beginnen.
Wichtig ist jedoch immer, dass man Spaß dabei hat und freundlich bleibt.
Wir haben mit den Händlern in den Souks nie schlechte Erfahrungen gemacht und eigentlich immer die Waren zu dem von uns gewünschten Preis bekommen. Die Tips von Lisa und Michael waren da sehr hilfreich.
Ok, Schlangenhäute kauften wir nicht, aber Babouches, Tajines und Gewürze!
Am farbenprächtigsten war natürlich der Souk des Teinturiers, der Basar der Färber, Überall hing die bunte, frisch gefärbte Wolle zum Trocknen und ließ uns geradezu in einen Farbrausch geraten.
Zur Pause vom anstrengenden Feilschen bietet sich mitten in den Souks das „Café des Épices“ an. Bei einem klassischen Minztee oder einem Mocca kann man hier schön sitzen und dem Trubel des Platzes Rahba Lakdima zusehen. Zur Stärkung gibt’s es hier auch leckere Kleinigkeiten wie Salate oder Sandwiches. Am schönsten ist natürlich der Blick von der Dachterrasse.
Bis in die Nacht hinein kann man hier sitzen und staunen.
Im nördlichen Teil der Medina
Hier liegen drei sehenswerte Gebäude nah beieinander, Es bietet sich an, sie mit einem Kombiticket zu besichtigen:
Zuerst besuchen wir das Musée de Marrakech. Es ist in einem Palast aus dem späten 19. Jahrhundert untergebracht und ist ein sehr schönes Beispiel maurischer Baukunst.
Die Muster aus bunten Kacheln, die Verzierungen und die Springbrunnen – einfach wunderschön.
Dass das Museum Ausstellungen zeitgenössischer Kunst zeigt- nun, so richtig passend habe ich es nicht empfunden. Für mich hat die moderne Kunst den Eindruck der orientalischen Architektur gestört. Aber das ist Geschmackssache… Das Gebäude allein aber ist es wert, besichtigt zu werden. Und dann ist da noch der Innenhof: ein herrliches Plätzchen der Ruhe für einen Minztee im Trubel der Medina!
Gleich gegenüber des Museums befindet sich die Koubba Almoravide – das älteste Bauwerk der Stadt.
Die Almoravidenherrscher waren die Gründer der Stadt Marrakesch und das Gebäude wurde wohl 1117 von ihnen errichtet. Jahrhundertelang lag es aber unter einem Berg von Erde und Asche und wurde erst 1948 wiederentdeckt. Freigelegt wurde die Kuppel 1952 und kann nun besichtigt werden. Wie groß das ursprüngliche Gebäude wirklich einmal war, kann nur vermutet werden.
Das (zumindest für mich) architektonische Highlight von ganz Marraksch liegt gleich um die Ecke:
Medersa Ben Youssef- die alte Koranschule
Sie ist eines der wenigen religiösen Gebäude der Stadt, die auch Nicht-Muslime betreten dürfen, und es lohnt sich wirklich
Im 14. Jahrhundert gegründet und um 1570 umgebaut war sie einst die größte Koranschule Nordafrikas.
An den wunderschönen Mosaiken und Verzierungen, Kacheln und Stuckarbeiten, die im 16. Jahrhundert von den Saaditen in Auftrag gegeben wurden, kann man sich nicht sattsehen. Und wenn man Glück hat und nicht viel los ist, ist die Stimmung hier einfach magisch.
Die südliche Medina
Im Süden der Altstadt warten auch noch einige wunderschöne und interessante Gebäude auf uns.
Der Ende des 19. Jahrhundert erbaute Palais de Bahia wurde zurecht „Die Strahlende“ genannt und war einer der größten Paläste Marokkos.
Der Palast ist riesig und wurde auch schon für Filmaufnahmen z.B. “ Lawrence von Arabien“ genutzt.
Einst lebte hier der Großwesir Bou Ahmed mit vier Ehefrauen und zwei Dutzend Konkubinen.
Am besten flaniert man einfach durch die verschiedenen Räume und etliche Innenhöfe flanieren und bewundert vor allem die wunderschönen Schnitzereien.
Alle 160 Räume an einem Tag zu besuchen, ist sowieso nicht zu schaffen.
Nicht weit davon entfernt ist der Palais El Badii:
„Der Unvergleichliche“ wurde Ende des 16. Jahrhundert vom damaligen Sultan Ahmed El Mansour erbaut. 25 Jahre dauerte seine Vollendung mit Unmengen von Gold, Onyx und Marmor …
12 Jahre brauchte sein Nachfolger Moulai Ismail, um ihn zu plündern. Heute steht er nur noch als Ruine da und man kann die frühere Pracht nur vermuten…
Von der Terrasse aus hat man den Blick über die Dächer von Marrakesch bis hin zum königlichen Palast, der nicht öffentlich zugänglich ist.
Gleich daneben ist der Place des Ferblantiers. Von der Terrasse der „Kosybar“ hat man einen herrlichen Blick …
Durch das Bab Agnaou betreten wir dann die Kasbah- die alte, innerhalb der Stadt gelegene Festung.
Gleich neben der Kasbah Moschee, die aber für Nicht-Muslime nicht zugänglich ist, befinden sich die Saaditengräber (Tombeaux Saadiens).
Anfang des 18. Jahrhundert befahl Sultan Mulai Ismail die Vernichtung aller Zeugnisse der Kultur seiner Vorgänger (wie auch des Palais El Badii). Die Gräber wurden aber nicht vernichtet, sondern hinter hohen Mauern versteckt. Erst 1917 wurden sie wieder entdeckt und sind heute eine der größten Sehenswürdigkeiten Marrakeschs.
Dementsprechend groß ist dann auch der Besucherandrang. Zum eigentlichen Hauptraum- der Halle mit den 12 Säulen – letzte Ruhestätte des Saadischen Sultans el Mansour- kommen wir erst gar nicht, denn wir wollen unsere Zeit hier in Marrakesch nicht mit Anstehen und Warten verbringen.
Stattdessen stärken wir uns nach dem Besichtigungsprogramm gleich gegenüber im Cafe Nid´Cigogne und genießen den Blick in die Kasbah und auf das Storchennest, das dem Cafe seinen Namen gegeben hat.
Koutoubia Moschee
Das Wahrzeichen der Stadt und von fast überall aus zu sehen, ist das 69 Meter hohe Minarett der Koutoubia Moschee. Die Moschee ist das religiöse und architektonische Zentrum der Stadt.
Auf dem Dach der Moschee befindet sich übrigens kein Galgen, wie es oft behauptet wird, sondern eine nach Mekka zeigende Fahnenstange. Früher wurde hier zur Gebetsstunde die grüne Fahne des Propheten gehisst. Dies wird heutzutage nur noch gemacht, falls die Lautsprecher, die die Gläubigen zum Gebet rufen, ausfallen.
Die Neustadt
Die Neustadt außerhalb der alten Stadtmauern wächst auch in Marrakesch immer weiter. Statt verwinkelter Altstadtgassen findet man hier breite Boulevards, statt Souks moderne Boutiquen, statt gemütlichen Riads luxuriöse Hotelanlagen.
Einen Ort in der Neustadt muss man aber gesehen haben: den Jardin Majorelle
Der französische Maler Jacques Majorelle lebte hier bis zu seinem Tod 1962 und gestaltete diese wundervolle Oase voller Wasserbecken, Springbrunnen, Palmen und Kakteen. Die leuchtende blaue Farbe, die die Gebäude und Gegenstände des Gartens prägt, wird nach seinem Schöpfer „Majorelle bleu“ genannt.
1980 kaufte der französische Modemacher Yves Saint Laurent den Garten. Er hing so an ihm, dass nach seinem Tod 2008 seine Asche im Garten verstreut wurde…
Sollte man sich, so wie wir, zu einer Pause im schönen Cafe des Jardin Majorelle niederlassen, dann kann man es sich überlegen, die Spezialität des Cafes zu probieren: geeiste Milch mit Orangenblüten – wir taten es. Unser Fazit: Unser Geschmack war es nicht, erinnerte es doch eher an versehentlich im Mund gelandetes Duschgel
Doch am Ende des Tages, egal was man auch besichtigt oder unternommen hat, wenn die Sonne die Dächer von Marrakesch rot-gold färbt, gibt es nur einen Ort, wo man hin muss – den Djemaa el Fna
Djemaa el Fna
Der frühere „Platz der Gehenkten‘“ ist heute der Platz der Gaukler, Wahrsager, Märchenerzähler, Tänzer und Schlangenbeschwörer.
Zentrum und Herz der Stadt
Während die Märchenerzähler auch heute noch Scharen um sich versammeln, um mit ihren märchenhaft ausgeschmückten Geschichten zu unterhalten, sind andere, wie die bunt gekleideten Wasserträger oder der Gebissverkäufer nur noch dazu da, sich gegen ein paar Dirham mit Touristen fotografieren zu lassen.
Ein bisschen Tradition, ein bisschen Show- hier gibt es von allem etwas…
2001 wurde Djemaa el-Fna von der Unesco in die Liste der Meisterwerke des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen. Dazu zählen Sprachen, Mythen und Erzählungen ebenso wie Musik, Tanz oder Bräuche.
Wenn die Sonne untergeht, beginnt der Nachtmarkt – eines der größten Freiluftrestaurant der Welt.
Auf über 100 Grills wird hier alles angeboten, Fleisch, Fisch, Meeresfürchte, Gemüse und Salat. Und wer möchte: Hammelkopf und Schnecken..
Am besten lässt man sich einfach an einem der zu den Ständen gehörenden Tischen nieder und probiert die verschiedenen Gerichte durch, die Auswahl ist riesig und die Kellner und Köche freundlich, redselig und geschäftstüchtig.
Und wenn es geschmeckt hat, merkt man sich einfach die Nummer des Stands und kommt am nächsten Abend wieder her …
Auch von den Balkonen und Dachterrassen der Cafes rund um den Platz kann man das bunte Treiben genießen.
Und wenn dann, inmitten des geschäftigen Trubels, der Muezzin aus unzähligen Lautsprechern über den Dächern zum Gebet ruft, fühlt man sich wirklich wie in einem Märchen aus 1001 Nacht- magisches Marrakesch.
Info:
Einreise nach Marokko für deutsche Staatsangehörige mit Reisepass, der noch mindestens sechs Monate gültig ist.
Währung: Marokkanische Dirham (MAD) 10 Dirham entsprechen derzeit 0,92 Euro.
Alle wichtigen Informationen zu Öffnungszeiten und Eintrittspreisen der wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Marrakesch unter:https://www.marrakesch.com/
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One thought on “Magisches Marrakesch”