Kamele in Arizona – durch Quartzsite und das Kofa National Wildlife Refuge

Zwei Fragen verfolgen uns auf der Fahrt durch die Main Street des kleinen Ortes Quartzsite in der Wüste Arizonas: Warum sind Kamele am Ortsschild angebracht und wer bitte war Hi Jolly, auf dessen „Last Camp“ mit großen Schildern die ganze Hauptstraße entlang hingewiesen wird?

Fast schnurgerade hat uns die Interstate 10 von Palm Springs etwa 150 Meilen nach Osten Richtung Phoenix hierhergeführt.

Die karge Wüstenlandschaft war nur kurz durch ein schmales grünes Band unterbrochen, als wir an der Grenze zwischen Kalifornien und Arizona den Colorado-River mit seinem üppig bewachsenen Uferstreifen überquert haben.

Nach weiteren etwa 20 Meilen durch die trockene Sonora-Wüste erreichen wir Quartzsite.

Bereits einige Meilen zuvor sehen wir, wofür dieses kleine, gerade mal ca. 2000 (ständige) Einwohner zählende Örtchen berühmt ist: für seine Snowbirds mit ihren Wohnmobilen!

Während in den heißen Sommermonaten Quartzsite träge und ruhig vor sich hindöst, steppt im Winter hier der Bär: besonders im Januar und Februar fallen bis zu zwei Millionen Gäste mit ihren fahrbaren Häusern hier ein.

Quartzsite ist umgeben von BLM (Bureau of Land Management)-Land, also staatlichem, dem US-Innenministerium unterstelltem Grund, auf dem das Boondocking – freies Campen- erlaubt ist. Und das ist außerordentlich beliebt!

Überall stehen Wohnmobile und Trailer in allen Größen und Ausführungen. Besonders Rentner kommen aus allen Teilen Nordamerikas hierher, um im warmen und trockenen Süden Arizonas den Winter zu verbringen. Bis zu 340 Sonnentage im Jahr soll es hier geben!

14 Tage darf man kostenlos auf BLM-Land campen, erst danach werden Gebühren erhoben (es sei denn, man würde mit seinem Wohnmobil den Standort wechseln, was natürlich viele tun).

Logistisch (was Wasserversorgung und Fäkalienentsorgung vor allem betrifft) ist diese Zeit für die Gemeinde eine Riesenherausforderung und absolut verrückt!

Als wir Quartzsite im März besuchen, ist der größte Ansturm zwar schon wieder weg, aber die ausgewiesenen Langzeit-Stellplätze sind trotzdem noch gut besucht.

Bekannt und beliebt ist Quartzsite auch wegen seiner Edelsteinbörsen –  gibt es hier in der Gegend doch große Vorkommen an Mineralien und Gesteine.

Diese Bodenschätze haben dem Ort auch ihren Namen gegeben.

Wer Interesse an mehr Details diesbezüglich hat, kann mal nachschauen unter:

https://www.mineralienatlas.de/lexikon/index.php/USA/Arizona

Der Ort selbst besteht eigentlich nur aus der Hauptstraße mit den üblichen Fast Food-Ketten und bietet nichts spektakuläres.

Doch kommen wir zurück zu den Kamelen und Hi Jolly: Was hat es jetzt mit denen auf sich?

Die Antwort erhalten wir, als wir von der Main Street abbiegen und an einem kleinen Friedhof anhalten:

Sofort ins Auge fällt uns eine Steinpyramide mit einem Metallkamel auf der Spitze. Wir haben das „Last Camp“ von Hi Jolly erreicht!

Hi Jolly

der eigentlich Hadji Ali hieß , 1856 aus Smyrna im damaligen osmanischen Reich nach Amerika kam und in Quartzsite seine zweite Heimat gefunden hatte.

Die Geschichte, die dahintersteckt, wird von Gunhild Hexamer in ihrem wunderbaren Buch „ Arizona erleben – 33 Geschichten aus dem Land des Grand Canyon“ äußerst unterhaltsam erzählt:

Als in den 1850er Jahren der amerikanische Westen immer mehr erforscht und besiedelt wurde, kam der damalige Kriegsminister Jefferson Davis auf die Idee, Kamele aus dem Orient nach Amerika zu holen, um sie auf den Versorgungsrouten Richtung Kalifornien durch die trockenen Gebiete New Mexicos und Arizonas als Lasttiere einzusetzen. Erst belächelt und als ein bisschen verrückt bezeichnet, erhielt er trotzdem nach einiger Zeit die Genehmigung der Regierung und 30.000 Dollar für das Projekt.

Und so holte er 1856 mit einem Versorgungsschiff der Marine 33 Kamele aus Smyrna, dem heutigen Izmir, nach Texas.

Mit ihnen kamen zwei Kamelführer aus dem Osmanischen Reich über das Meer, da sich die Amerikaner zwar gut mit Pferden, aber absolut nicht mit Kamelen auskannten. Einer der beiden hieß Hadji Ali. Dieser exotische Name wurde aber sehr schnell in Amerika in die viel leichter auszusprechende Version „Hi Jolly“ geändert.

Das durchaus erfolgversprechend angelaufene „Kamelprojekt“ endete jedoch jäh durch den 1861 beginnenden Bürgerkrieg.

Und Hi Jolly? Er ließ sich letztendlich in dem Nest Quartzsite nieder und starb hier auch. Unter seinen Mitbürgern war er so beliebt, dass ihm auf dem Friedhof ein stattliches Grabmal errichtet wurde – eine Pyramide!

Und so ist Hi Jolly wohl bis heute der berühmteste Einwohner von Quartzsite…

Sogar der Friedhof, auf dem auch die ersten Siedler Quartzsites ihre letzte Ruhe gefunden haben, ist nach ihm benannt.

Wir aber verlassen nun Quartzsite und Hi Jolly, denn wir wollen die Nacht nicht unter Snowbirds auf einem der Stellplätze in Quartzsite verbringen, sondern weiter hinaus in die Natur zu richtigen Tieren ziehen, nämlich in das

Kofa National Wildlife Refuge

Nur wenige Meilen südöstlich von Quartzsite liegt das riesige Naturschutzgebiet (etwa von der Größe des Saarlandes)

Es wurde 1939 zum Schutz des „Desert Bighorn Sheep“ gegründet. Hier werden aber natürlich noch viel mehr Tiere und Pflanzen geschützt, denn der größte Teil ist wirklich Wildnis, in der die Natur ihre Ruhe hat. Von der Interstate 10 (Los Angeles nach Phoenix) und dem Highway 95 (Quartzsite Richtung Yuma) zweigen nur wenige (ungeteerte!) Straßen in das Refuge ab.

Wir wollen das Gebiet auf dem Palm Canyon Trail erkunden. Dieser Bereich des Naturschutzgebietes ist von Quartzsite aus nämlich relativ schnell und leicht zu erreichen.

Nach 20 Meilen schnurgerade auf dem Highway 95 nach Süden (Richtung Yuma), zweigt links eine Straße ab in die Wildnis – ungeteert, aber (zumindest bei Trockenheit) ohne Probleme auch mit dem Camper zu fahren.

Nach wenigen Meilen passieren wir den Eingang. Auf Informationstafeln werden wir hier über die wichtigsten Regeln, an die wir uns hier halten müssen, aufgeklärt.

Vor uns taucht in der Weite der Wüste ein kahler, zerklüfteter Gebirgszug auf. Naja, Gebirge ist vielleicht übertrieben, aber die höchste Erhebung vor uns, der Signal Peak, erreicht immerhin knapp 1500 Meter Höhe.

Und auf diesen fahren wir zu. Die Straße steigt langsam an und endet an einem kleinen Parkplatz.

Denn hier beginnt der Palm Canyon Trail:

Der Weg führt uns in einen Einschnitt der zerklüfteten Bergformation, der (so werden wir hier informiert) aus Rhyolite, also einem Vulkangestein besteht, vorbei an Kakteen, Palo Verde-Bäumen und immer bergauf! Ein bisschen kraxeln über kleine Felsen ist auch dabei und so kommen wir durchaus etwas aus der Puste!

Nach einer guten halben Stunde sind wir am Schild angelangt, das uns auf die Palmen hinweist.

 Und tatsächlich: Links von uns am Berghang sehen wir sie: Die einzigen „eingeborenen“ Palmen in Arizona! Denn eigentlich gehört die California Fan Palm gar nicht hierher in die Landschaft und sie ist wohl noch Überbleibsel aus der letzten Eiszeit, als die Landschaft hier noch nicht so trocken war.

Jetzt um die Mittagszeit sind die Palmen schön im Sonnenlicht zu sehen, den größten Teil des Tages sind sie aber im Schatten der Felsen. 2001 wurden hier 41 erwachsene Palmen gezählt.

Das klingt jetzt erst mal nicht nach viel und kennt man die Namensvettern des Trails, den Palm Canyon Trail in Palm Springs (http://roaddreamin.de/agua-caliente-die-indian-canyons-bei-palm-springs/ ) oder den im Anza Borrego State Park (http://roaddreamin.de/vier-state-parks-im-suedwesten-in-denen-man-unbedingt-einmal-uebernachten-sollte/ ) ist man vielleicht auch ein wenig enttäuscht, aber dafür sind diese wackeren Helden hier echte Überlebenskünstler in dieser trockenen, steinigen Sonora-Wüste.

Aber eigentlich noch beeindruckender als diese botanische Besonderheit ist für mich der Blick von hier oben zurück ins Tal.

Zwischen den Felsen öffnet sich die Weite der Wüste! Allein dafür hat sich die kleine Wanderung gelohnt!

Der Ausblick fasziniert mich so sehr, dass ich beim Abstieg aufpassen muss nicht zu stolpern, weil ich lieber in die Ferne als auf meinen Weg schauen würde.

Zum Glück schaffen wir es ohne verknackste Knöchel wieder bis zum Auto und machen uns auf die Suche nach einem Übernachtungsplatz.

Das ist grundsätzlich hier nicht schwer, denn freies Camping ist im Kofa National Wildlife Refuge erlaubt, soweit man sich an ein paar Regeln hält

https://www.fws.gov/refuge/Kofa/visit/rules_and_regulations.html

Rechts und links der Straße, auf die wir vom Highway abgebogen waren, finden sich immer wieder kleine Parkbuchten, die als Stellplätze dienen.

Die wichtigste Regel: Das Auto darf von der Straße aus nicht weiter in die Wildnis als 100 feet (30 Meter).  Darauf werden wir auch mit Schildern hingewiesen.

Schnell finden wir ein herrlich einsames Plätzchen (der nächste Nachbartrailer ist gerade noch in der Ferne zu sehen) mitten zwischen Cholla- und Ocotillo-Kakteen mit Blick auf die Berge.

Und genießen in absoluter Stille den wunderschönen Sonnenuntergang!

So endet  dieser herrliche Tag am Lagerfeuer mit Blick in einen beeindruckenden Sternenhimmel.

Tierische Begegnungen hatten wir übrigens hier im Refuge leider keine, dazu hätten wir uns vielleicht noch mal in der Dämmerung auf die Pirsch machen müssen.

https://www.fws.gov/refuge/Kofa/visit/plan_your_visit.html

 

Das Kofa National Wildlife Refuge ist vielleicht nicht so spektakulär wie andere Gegenden im Südwesten der USA,  aber ohne Besuchermassen wunderbar ruhig und idyllisch. Absolut erholsam!

 

 

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