Ihr seid begeistert von der Ligurischen Küste und besonders von den „ Cinque Terre“? Dann geht es euch so wie mir (das wisst ihr ja schon von http://roaddreamin.de/cinque-terre-wandern-und-geniessen-auf-dem-sentiero-azzurro/)
Allerdings sind wir damit nicht alleine – im Gegenteil! Die malerischen 5 Dörfchen an der Ligurischen Steilküste sind bei Reisenden aus der ganzen Welt wahnsinnig beliebt und deshalb ist hier meistens recht viel los. Und dieser übermäßige Touristentrubel kann manchmal schon fast ein wenig auf die Nerven gehen.
Aber es gibt eine tolle Alternative ganz in der Nähe – ein Ort, der sich mit seinen bunten Häusern genauso malerisch an die Küste schmiegt, aber weit weniger bekannt und daher auch nicht so überlaufen ist.
Fast noch ein Geheimtipp:
Tellaro
liegt ein kleines Stückchen südlich der Cinque Terre und La Spezia am Golfo dei Poeti. Ihr erreicht den Ort nur über die Straße von Lerici aus und diese endet dann auch hier.
Schmal und kurvig ist sie – Touristenbusse haben da ihre Probleme (und eine Zugverbindung wie in den Cinque Terre gibt es auch nicht)
Das ist wahrscheinlich auch der Grund, weshalb Tellaro nicht so überlaufen ist. In der Hochsaison ist zwar hier auch einiges los ist, aber es finden in erster Linie Italiener während der Ferien und an den Sommerwochenenden hierher. In der Nebensaison ist es eher ruhig.
Spätsommer in Ligurien
Wir kommen an einem herrlich sonnigen, aber außergewöhnlichen Spätsommertag hier an:
Zwei Tage zuvor ist über Südfrankreich und das westlichste Eck Italiens ein verheerendes Unwetter gezogen, das große Zerstörungen, Überschwemmungen und leider auch Todesopfer zur Folge hatte. Die ligurische Küste südlich von Genua ist davon zwar nicht direkt betroffen gewesen, aber seine Auswirkungen machen sich trotzdem hier bemerkbar: Das Meer ist wild und aufgewühlt, riesige Wellen klatschen vor Tellaro auf die Felsen. Welch ein Spektakel!
Gemütlich mal die Füße ins Wasser halten oder gar baden, ist heute absolut unmöglich.
Den Ort erkunden – das geht aber sehr gut!
Der Altstadt von Tellaro nähern wir uns von oben – anders geht es nicht (es sei denn, ihr kommt mit dem Boot).
Einen ersten Blick auf die wunderschönen bunten Häuser und vor allem die Kirche „San Giorgio“ gibt’s vom Aussichtsbalkon unterhalb der Kirche „Stelle Maris“.
Und dann tauchen wir ein in die engen Gassen Richtung Hafen.
Wie ein Labyrinth führen Gässchen, Durchgänge und Treppen gefühlt kreuz und quer durch den Ort.
Und bieten immer wieder neue Ausblicke und interessante Perspektiven, sowohl auf das Meer als auch besonders auf die wunderschönen bunten Häuser, die sich den Hang hinauf fast wie Bauklötze stapeln.
Wir lassen uns einfach treiben und überraschen, auch wenn wir zwischendurch im Gassengewirr ein wenig den Überblick und die Orientierung verlieren. Das ist aber nicht schlimm, denn so groß ist Tellaro nicht und beinahe jede Gasse endet entweder am Hafen oder an einem tollen Aussichtspunkt!
Ein bisschen versteckt ist der Aufgang zur kleinen Kapelle „Oratorio Santa Maria“. Aber den müsst ihr unbedingt hochgehen, denn dort oben erwarten euch zwei Aussichtspunkte mit grandiosen Ausblicken!
Der Hafen
Je näher wir an den kleinen Hafen kommt, desto mehr Boote sind in den engen Gassen an die Wände gebunden – tja, der etwas andere Parkplatz von Tellaro!
Das Hafenbecken ist klein, aber sehr malerisch.
An einer Seite steht die kleine Kapelle,
auf der anderen Seite sind noch die alten Waschhäuser zu sehen, die jahrhundertelang von den Frauen des Ortes benutzt wurden.
Chiesa "San Giorgio"
Ganz vorne am Meer, seit Jahrhunderten den Wellen und Stürmen ausgesetzt, steht wie ein Fels in der Brandung, die Kirche „San Giorgio“.
Ein Fußweg führt an den Felsen entlang um sie herum (was heute aber gar nicht so ungefährlich ist) und bietet beeindruckende Ausblicke.
In der Ferne, auf der anderen Seite des Golfo dei Poeti, liegt die Bucht von La Spezia und Portovenere.
Als ich fasziniert am Geländer zwischen dem Hafenbecken und der Kirche die Wellen beobachte, fällt mir zwischen den Felsen unter mir eine Steinplattform auf, über die die Wellen mit ihrer ganzen Kraft hinwegrollen (an „normalen“ Tagen liegt die Plattform oberhalb des Wassers frei, wie ich auf Bildern im Internet danach gesehen habe, und wird zum Baden genutzt)
Heute aber ist sie ständig überflutet. Aber immer, wenn sich eine Welle zurückzieht, enthüllt sich kurz auf ihr das Mosaik eines Oktopusses!
Und was es mit dem auf sich hat, erfahre ich gleich daneben auf einer Infotafel an der Kirchenmauer:
Die Legende vom Oktopus
Wegen seiner ungeschützten Lage zum Meer hin war das kleine Tellaro jahrhundertelang immer wieder Angriffen sarazenischer Piraten ausgesetzt. Zum Schutz des Ortes befand sich deshalb nachts ein Wächter im Kirchturm von „San Giorgio“, um im Angriffsfall die Glocke zu läuten und die Einwohner zu warnen und verteidigungsbereit zu machen.
In einer stürmischen Nacht im Jahre 1660 beschloss der Pirat Arenzano, im Schutze des Lärms der tobenden See die Stadt anzugreifen. Der Wächter im Kirchturm bemerkte nichts davon. Und doch begann plötzlich die Glocke zu läuten!
Denn ein Oktopus hatte sich aus dem Meer den Kirchturm nach oben gehangelt und den Alarm ausgelöst, der Tellaro und die Einwohner dann gerettet hat.
Diese Legende gehört seitdem zu Tellaro, der Oktopus am Kirchturm ist Teil des Stadtwappens und ihm zu Ehren wird jedes Jahr im August das Oktopus-Festival gefeiert!
Nach dieser Geschichte verstehe ich jetzt auch den Grund für das interessante Bauwerk gleich neben der Kirche:
die „Soto-ria“
ein 70 Meter langer Steintunnel mit Öffnungen für tolle Ausblicke.
Er ist der Rest einer Verteidigungsanlage aus dem 14. Jahrhundert, die mit Tunneln und verborgenen Wege Gebäude und Kirchen der Stadt miteinander verbunden hat.
Früher also ein wichtiger Fluchtweg, ist er heutzutage einfach ein wunderschönes malerisches Plätzchen!
Für uns heute aber der tollste Fleck Tellaros ist die
Bar „La Marina“
direkt am Hafen.
Gemütlich sitzen wir in der Sonne und beobachten fasziniert bei Espresso und Aperol Spritz, wie die gewaltigen Wellen immer wieder in das Hafenbecken hineinbrechen und manchmal fast bis zu unserem Platz hochschwappen.
Und ja, ich gebe es zu: wir werden gut unterhalten. Aus Neugier oder beim Versuch, ein tolles Foto zu schießen, wagt sich nämlich der ein oder andere Besucher ein wenig zu weit nach vorne und bekommt bei einer besonders heftigen Welle unverhofft auch mal nasse Füße! (ich weiß: Schadenfreude ist gemein, aber menschlich)
Stundenlang können wir hier sitzen und entspannen!
Bis die Sonne untergegangen ist und wir zurück zum Campingplatz gehen.
Campeggio Gianna Golfo dei Poeti
Der einzige Campingplatz in Tellaro ist oberhalb des Ortes auf Terrassen eng am Steilhang angelegt.
Die Anfahrt ist (schon ab Lerici) recht schmal und mit großen Wohnmobilen nicht so einfach. Die Stellplätze auf den oberen Terrassen sind auch nur bedingt für längere Gefährte geeignet.
Schon mit unserem 6-Meter-Camper mussten wir ein bisschen kurven und rangieren.
Wenn ihr also ein größeres Wohnmobil habt, solltet ihr auf jeden Fall vorher anfragen, ob ein Platz frei ist.
Von den oberen Stellplätzen ist der Blick auf den Golfo dei Poeti einfach traumhaft. Die Plätze mit der schönsten Aussicht sind die Zeltplätze.
Die Sanitäranlagen sind sehr gut, es gibt einen Pool und ein hervorragendes Restaurant!
Und vom Campingplatz aus seid ihr ruckzuck zu Fuß im Ort:
Dann entdeckt doch auch mal Tellaro. Wir jedenfalls sind so begeistert, dass wir sicher wiederkommen werden!
Anfahrt:
Nehmt die Autobahn E80 (Genua – Lucca/Rom) bis zur Ausfahrt Sarzana und folgt dort zunächst der Beschilderung nach Lerici, dann nach Tellaro.
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