„WHEN DREAMS COME TRUE“ – 5 originelle und sehenswerte Lebenswerke wundersamer Männer

Seiner Inspiration zu folgen und eine Idee zu verwirklichen, ohne sich von Widrigkeiten aufhalten zu lassen oder darüber nachzudenken, was die Anderen davon halten – das gelingt nicht allen Menschen.  Besonders wenn diese Visionen so außergewöhnlich sind, dass die Mitmenschen nur den Kopf über den Urheber schütteln und ihn schnell als „Spinner“ abtun.

Doch das hartnäckige Festhalten an der Aufgabe und ihrer Verwirklichung –  welche Motivation ihr auch immer zugrunde liegt – ist bewundernswert.

So skurril das Ergebnis für uns heute manchmal wirkt, sehenswert sind die Lebenswerke, die ich nun vorstellen möchte, auf jeden Fall und sogar einen Abstecher abseits der üblichen Touristenpfade wert:

1. Elmer Long (1947 - 2019), Bottle Tree Ranch, Oro Grande, Kalifornien, USA

Ein Wald aus Metallstangen voller Glasflaschen?

Entlang der berühmten Route 66, von Chicago bis Los Angeles, begegnet man ja vielen Kuriositäten, besonders in Form alter fahrbarer Untersätze, Tankstellen und Diner, die vor allem Nostalgiker anziehen.

Doch die “Bottle Tree Ranch” von Elmer Long ist selbst für die altehrwürdige „Mother Road“ außergewöhnlich!

Bereits als Junge zog Elmer in den 50er Jahren mit seinem Vater durch die Wüste von Kalifornien, um alles zu sammeln, was sie finden konnten. Denn für Vater Long waren alle Dinge wertvoll, besonders aber Flaschen in jeglicher Form, Größe und Farbe…

 Und so fand sich Elmer nach dem Tod seines Vaters als Erbe tausender Glasflaschen (und vieler anderer alter Gegenstände) auf einem Anwesen in Oro Grande, wenige Meilen außerhalb der Stadt Victorville in Kalifornien wieder.

Doch was damit machen?

Kreativ sein! Und aus scheinbarem Müll Kunst gestalten! Und so entwickelte Elmer vor etwa 20 Jahren seinen ersten „Glasbaum“ – eine ca. 3 Meter hohe Metallstange mit „Ästen“ zum Aufhängen von Flaschen.

Im Laufe der Zeit entstanden auf seiner Ranch über 200 dieser „Bottle Trees“, jeder einzelne individuell gestaltet und verziert.

Unermüdlich arbeitete Elmer an seiner skurrilen Outdoor-Galerie.

Besucher waren immer herzlich willkommen.

Zu entdecken gab es auf dem Rundgang über die Ranch genug!

 

Eintritt verlangte er nicht, eine Spende war aber willkommen.

Wenn er zuhause war, kam er auch gerne mit seinen Besuchern ins Gespräch (wir hatten leider nicht das Glück, ihn zu treffen)

 

Elmer Long starb im Juni 2019 im Alter von 72 Jahren. Das Schicksal seiner Bottle Tree Ranch ist ungewiss…

2. Åke Danielsson (1914 – 2000), Bilkyrkogård, Kyrko Mosse, SCHWEDEN

Ein anderes Land- eine andere Zeit- ein anderer bärtiger Mann:

1914 geboren, verdingte sich Åke Danielsson zunächst als Knecht auf Bauernhöfen, bis er in den 1930er Jahren ein Stück Moor in seiner Heimat Småland kaufen konnte und zum Torfstecher wurde.

Er baute sich ein kleines Haus und eine Torffabrik.

Doch dies war harte Arbeit, die nicht viel abwarf! Besonders nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Torfabbau immer unwichtiger.

Doch etwas anderes wurde populärer – das Auto! Und so verlegte sich Åke in den 1950er Jahren auf den Handel mit Auto-Ersatzteilen. Allerdings auf sehr außergewöhnliche Art und Weise: Immer wieder wurden Autos, die nicht mehr liefen, in den schwedischen Wäldern wild „entsorgt“. Dann wurde Åke tätig: er sammelte die Autowracks auf seinem Grundstück und schlachtete sie aus. Funktionierende Ersatzteile verkaufte er weiter und verdiente sich so seinen Lebensunterhalt.

Er entfernte aus den Wracks Öl, Batterien – kurz: alle umweltschädlichen Stoffe.

Er verhinderte, dass Autowracks unkontrolliert in der Natur hinterlassen wurden. So war er Umweltschützer und Vorreiter des Recyclings– und das zu einer Zeit, in der noch niemand sonst über dieses Thema nachdachte…

Als Åke Ende des 20. Jahrhunderts aufgrund seines Alters in ein Pflegeheim umziehen musste (er lebte ja allein, ohne Familie, im Moor), wollte die Gemeinde Ryd, zu der sein Grundstück gehörte, den Schrottplatz auflösen, die Wracks entfernen lassen.

Doch da erhob sich heftiger Protest im Ort, denn Ake war beliebt und für viele fast so etwas wie ein Held…

Besonders der Museumschef von Växjö, der größten Stadt der Gegend, setzte sich dafür ein, den Schrottplatz zu schützen und zum Kulturreservat umzuwandeln.

Åke Danielsson(oder auch Åke aus dem Moor, wie er in Småland genannt wurde) starb im Jahr 2000, doch noch heute kann man durch seinen Autofriedhof in der herrlichen ruhigen schwedischen Natur wie durch ein Freiluft-Museum spazieren und  über 100 Autowracks besonders aus den 1940er bis 1960er Jahren bewundern. Vor allem Oldtimerfans bekommen hier glänzende Augen!

Mit diesem Bus soll einst ABBA auf Tour gewesen sein …

3. Leonard Knight (1931-2014), Salvation Mountain, Niland, Kalifornien USA

Wie eine Fata Morgan im grau-braun der südkalifornischen Wüste, nur wenige Kilometer vom Salton Sea entfernt,  taucht ein leuchtend buntes Ungetüm auf – der Salvation Mountain (Berg der Erlösung)

(siehe auch Salton Sea – eine Reise durch das vergessene Kalifornienhttp://roaddreamin.de/salton-sea-eine-reise-durch-das-vergessene-kalifornien/  )

Es ist das Kunstwerk, vielmehr das Lebenswerk von Leonard Knight, der 1984 begonnen hat, hier, mitten in dieser unwirtlichen Landschaft, aus Lehm, Stroh und Farbe seiner religiösen Überzeugung ein Denkmal zu setzen :

 

GOD IS LOVE

1931 in Vermont geboren,wurde er als Kind aufgrund seines Stotterns gehänselt und gemobbt. Im Korea-Krieg kurze Zeit als Panzer-Mechaniker tätig, arbeitete er danach als Automechaniker. In den 1960er Jahren wandte er sich unter dem Einfluss seiner Schwester intensiv der Religion zu. Um seine Botschaft zu verbreiten, wollte er einen Heißluftballon bauen, den er zur Verkündung seiner religiösen Ansicht nutzen wollte.  Nach 14 Jahren intensiver Arbeit daran , musste er aber diesen Traum aufgeben – er schaffte es nicht, den riesigen, aus Stoffresten genähten Ballon zum fliegen (oder zum fahren, wie die Experten mich jetzt berichtigen werden) zu bringen.

Eher zufällig kam er zu Beginn der 1980er Jahre in den abgelegen Teil Südkaliforniens, in dem es nur die Aussteigerstadt Slab City gab.

Und hier blieb er sein restliches Leben:

Ohne Strom und fließend Wasser lebte er hier dreißig Jahre lang in einem Trailer, um sein Werk immer weiter fortzuführen …

Die Regierung von Kalifornien versuchte mehrmals, das Projekt zu stoppen, doch dazu wurde der Salvation Mountain mit der Zeit zu berühmt und hatte prominente Befürworter ..

Leonard Knight starb 2014 im Alter von 82 Jahren. Doch sein Werk wird von Freunden und Anhängern seiner Kunst fortgesetzt.

http://salvationmountain.org

 

4. Wilhelm Ludwig von Eschwege (1777-1855), Palacio Nacional da Pena, Sintra, PORTUGAL

Was hinterlässt ein deutscher Bergmann, Geograph und Geologe der Nachwelt? – nun, da fällt einem wahrscheinlich einiges ein, aber vermutlich nicht unbedingt ein von ihm gebauter Palast und dazu noch einer der berühmtesten Portugals – der Palacio da Pena in Sintra.

Hoch auf einem Felsen im Westen Portugals (nicht weit von westlichsten Punkt Kontinentaleuropas entfernt) leuchtet weit sichtbar ein bunt angemaltes Bauwerk. Schon beim Landeanflug auf den Flughafen der Hauptstadt Lissabon (ca. 30 km entfernt) kann man es gut sehen, sticht es doch aus der grün bewaldeten Landschaft heraus.

Im Mittelalter stand hier das Kloster „Nossa Senhora da Pena“. Der deutsche Gemahl der portugiesischen Königin Maria II, Ferdinand II aus dem Hause Sachsen-Coburg und Gotha (1816-1885), verliebte sich in diese Gegend seiner neuen Heimat und kaufte 1838 das Gelände mitsamt dem verfallenen Kloster.

Auf eigene private Kosten ließ er hoch oben auf dem Felsmassiv von Wilhelm Ludwig von  Eschwege 1839-1849 das verfallene Kloster umbauen und neue Anbauten errichten. Der neue „Kummerpalast“ (pena bedeutet Kummer, Traurigkeit) entstand im Geiste der damals, besonders in Deutschland beliebten Romantik!

 

Wilhelm Ludwig von Eschwege hatte einen großen Teil seines Lebens in Portugal verbracht, hatte in den Napoleonischen Kriegen in der portugiesischen Armee gekämpft, war Leiter von Eisenhütten, Oberberghauptmann und Genieoberst an der Spitze des Montanwesens des Landes, verbrachte mit dem Königshaus Exiljahre in Brasilien und wurde dort Spezialist für Gold und Diamanten. Er kannte sich mit vielem aus – doch Architekt war er nicht!

Trotzdem beauftragte ihn Ferdinand, ihm einen der prächtigsten Paläste des Landes zu bauen!

Das Ergebnis? Nun – nähert man sich dem Palast, weiß man zunächst nicht genau, ob man nicht doch versehentlich in Disneyland oder einer Märchenfilm-Kulisse gelandet ist.

Üppige Verzierungen, Türmchen, kunstvolle Wasserspeier  … man weiß gar nicht, wohin man zuerst blicken soll!

Wilhelm Ludwig von Eschwege vereinigte in diesem Bauwerk etliche unterschiedliche historisierende Baustile: nebeneinander finden sich Neorenaissance, Neogotik, Neomanuelinik und maurische Elemente.

Ein buntes Durcheinander – Zurückhaltung und Bescheidenheit war definitiv nicht das Motto dieses Bauvorhabens!

Und so kann man viel Zeit damit verbringen, alle Nischen, Durchgänge, Torbögen, Terassen zu entdecken!

Beeindruckend ist aber nicht nur der Palast selbst, sondern auch die atemberaubende Aussicht von dem etwa 500 Meter hohen Felsen.

 

Im Inneren des Palastes ist noch die Einrichtung des 19. Jahrhunderts bewahrt. Allerdings haben wir  die Innenräume wegen des großen Besucherandrangs nicht besichtigt.

Ein  ausgiebiger Spaziergang durch den wunderschön angelegten Englischen Park zu Füßen des Schlosses lohnt sich auf jeden Fall auch!

 

Palacio Nacional da Pena gehört seit 1995 zum UNESCO-Welterbe der Menschheit und ist eines der am meisten besuchten Bauwerke Portugals.

Dementsprechend lang sind die Warteschlangen an den Kassen am Fuße des Felsens.

Man kann entweder ein Kombiticket für den Park und den Palast nehmen oder auch nur für den Park und die Außenanlagen des Schlossses.

Zu Öffnungszeiten und Eintrittspreisen:

https://www.parquesdesintra.pt/en/parks-and-monuments/park-and-national-palace-of-pena/opening-times-and-prices/

 

 

5. Sir Bertram Clough Williams-Ellis (1883 – 1978) Portmeirion, WALES

Ein Bauwerk als Lebenswerk zu hinterlassen, ist vielleicht nicht wirklich außergewöhnlich. Aber eine ganze Stadt?

Wenn man Portmeirion, idyllisch in der Tremadog Bay im Westen von Wales gelegen, betritt, fragt man sich unwillkürlich, wo man denn gelandet sei: In Großbritannien oder in Italien? In einer Stadt oder einem Museum? Oder doch einer Filmkulisse?

Der Architekt Sir Bertram Clough Williams-Ellis kaufte sich 1925 ein Stück verwildertes Land, errichtete dort zunächst ein Hotel, um dann, nach und nach, im Laufe der Zeit eine künstliche Stadt nach seinen Vorstellungen entstehen zu lassen.

Er sammelte über viele Jahre  Teile alter, zum Abriss freigegebener Gebäude, meist stattlicher Herrenhäuser, aber auch viele andere Objekte, um sie zu neuer Architektur zu verbinden.

Mit Portmeirion wollte er unter Beweis stellen, dass geplante Architektur und die Einbeziehung und Erhaltung der natürlichen Landschaft kein Widerspruch sein mussten. Wichtig war ihm, dass seine neu, meist im klassischen Stil errichteten Gebäude keinesfalls wie Neubauten aussahen

Fast alle Gebäude sind in bunten Pastellfarben angestrichen- so wollte er auch ein Stück mediterranes Flair ins nördliche Wales bringen.

Portmeirion war nie dafür gedacht, dauerhaft bewohnt zu sein, lediglich Feriengäste können sich hier einmieten.

Jährlich kommen etwa 200000 Besuchern aus aller Welt hierher, die beeindruckt vom Werk Sir Clough Williams-Ellis´ sind und auch den Eintritt von 11 Pfund (in der Hochsaison) nicht scheuen.

 

Hunde dürfen hier übrigens nicht mit hinein. Autos aber auch nicht!

Stundenlang kann man durch den Ort schlendern und die teilweise scheinbar absurde Zusammensetzung verschiedener Architekturstile zu völlig neuen Bauwerken bewundern. Eine indische Tänzerin auf einer griechischen Säule? Pavillons, die einst Wagendurchfahrten in Herrenhäuser waren? Es gibt unendlich viel zu entdecken!

Wen wundert´s, dass Portmeirion auch schon für Filmaufnahmen genutzt wurde. In den 1960er Jahren spielte hier die in Großbritannien sehr beliebte Serie „The Prisoner“.

In den Häusern sind Restaurant, Cafes, Eisdielen (zur Stärkung zwischendurch) und auch kleine Geschäfte untergebracht, in denen man vor allem Souvenirs und Keramik kaufen kann. Es gibt sogar eine eigene Porzellan-Marke, gegründet von der Tochter William-Ellis´.

Dieser absolut einzigartige Ort, verrückt, ein bisschen kitschig, aber doch vor allem die geniale Verwirklichung einer Vision hat mich völlig begeistert!

https://portmeirion.wales/about/history-of-portmeirion

https://www.merian.de/wales/europa/artikel/portmeirion-dorf-des-schoenen-seins

 

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