Als wir uns der Stadtmauer von weitem nähern, geht mir ein Bild einfach nicht aus dem Kopf:
Angreifer mit Pfeil und Bogen möchten den Ort erstürmen, von der Mauerkrone aber werden sie von Armbrustschützen abgewehrt. Es könnte eine Szene aus einem Robin-Hood-Movie oder einem Film über edle Ritter sein.
Denn der kleine Ort Monterriggioni im Herzen der Toskana hat sich bis heute seinen grandiosen Mittelalter-Charakter erhalten.
Toskana
Ich gebe zu: in die großen Städte der Region zieht es uns schon länger nicht mehr.
Florenz ist mir, ganz ehrlich, zu groß, zu unübersichtlich und zu überlaufen. Siena ist zwar wunderschön, aber auch sehr voll, Pisa sowieso. Außerdem befinden sich Wohnmobilstellplätze (oder auch Parkplätze, auf denen das Parken mit einem Camper erlaubt ist) in größeren Städten meist weiter weg von der Innenstadt und öffentliche Verkehrsmittel nutzen wir nur sehr ungern, da in Italien ja Hunde hier generell Maulkorb tragen müssen und Yoda das verständlicherweise überhaupt nicht mag.
Deshalb zieht es uns eher in die kleineren Orte. Wobei auch die bekannteren unter ihnen wie z.B. San Gimignano oder Monatalcino den Besuch nicht so leichtmachen. Auf den ortsnahen Parkplätzen sind nur PKWs erlaubt. Camperparkplätze sind ein ganzes Stück außerhalb des Ortes und nur mit einem längeren Marsch zu erreichen. Und außerdem ist hier auch nicht gerade wenig los.
Aber zum Glück gibt’s ja in der Toskana genügend Orte, die nicht so bekannt und überlaufen sind und ebenso sehenswert sind.
Und ein besonders tolles Beispiel ist
Monterriggioni
Von der Autostrada Firenze-Siena, also der Schnellstraße zwischen Florenz und Siena, können wir schon einen Blick auf den Ort erhaschen. ca. 60 Kilometer südlich von Florenz und 20 Kilometer vor Siena nehmen wird die Abfahrt „Monteriggioni“ und fahren nur noch wenige Kilometer weiter.
Schon aus der Ferne können wir die lückenlose Stadtmauer mit ihren Türmen erkennen. Perfekt- wie im Mittelalter! Kein Haus ist außerhalb des Mauerrings zu erkennen!
Ich lese später: es sind 14 Türme und die Mauer ist etwa 570 Meter lang.
Nur ein kleines Stück unterhalb des Ortes liegt ein riesiger Parkplatz, der heute nur zu einem Bruchteil gefüllt ist. Parken ist hier also schon mal absolut kein Problem! Der Parkplatz ist zwar gebührenpflichtig (mit Parkschein und Zahlung vor dem Wegfahren), aber wir haben bei unserem Besuch nur 3,50 € Parkgebühr gezahlt (also äußerst moderate Preise)
Geschichte
Zu Beginn des 13. Jahrhunderts wurde auf dem Berg „Monte Ala“ eine Befestigungsanlage von der Republik Siena errichtet.
Jahrhundertelang war die Festung ein Streitpunkt zwischen den Herrschern von Florenz und Siena. 1777 wurde Monteriggioni eine eigene Gemeinde.
Im 15. Jahrhundert wurden die Stadtmauern, Türme und Tore verstärkt, seitdem ist der Ort fast unverändert. Derzeit hat er etwa 10000 Einwohner (allerdings inklusive verschiedener Ortsteile)
Rundgang
Wir betreten Monterriggioni durch eines der beiden Stadttore (andere Zugänge gibt es bis heute nicht!), die Porta Franca.
Und sind sofort vom Mittelalter-Flair gefangen!
Nur wenige Meter nach dem Tor öffnet sich der Weg zur „Piazza Roma“, dem größten Platz des Ortes.
Ringsum von Natursteinhäusern gesäumt mit dem alten Brunnen in der Mitte wäre er die perfekte Kulisse für einen Historienfilm!
Übrigens hatten sich das vor mir auch schon andere gedacht. Denn Monteriggioni ist einer der Schauplätze des Videogames „Assassin´s Creed II“
Auch wurde ein Teil der Verfilmung von Ferdinand von Schirachs Roman „Der Fall Collini“ hier gedreht (Szenen, die zwar nicht im Mittelalter aber in der Zeit des 2. Weltkriegs spielen)
Irgendwie rechne ich jeden Moment mit Pferdegetrappel und dem Geklapper von Ritterrüstungen.
Und tatsächlich – einen Ritter gibt’s hier sogar!
Direkt an der Piazza steht die „Chiesa Santa Maria Assunta“. Sie wurde bereits 1235 erbaut.
Interessant: Ihr Campanile ist das einzige Gebäude der Stadt, das über die Befestigung ragt und von außerhalb gesehen werden kann. Er wurde allerdings erst im 17. Jahrhundert gebaut, als die schlimmsten Angriffszeiten vorbei waren. Hätte der Turm doch sonst eine zu freie Angriffsfläche geboten!
In ihrem Inneren erwartet mich eine Überraschung: leise Musik erklingt, als ich ehrfürchtig durch das alte Gemäuer gehe. Tolle Idee – das macht die Besichtigung noch viel stimmungsvoller!
Monteriggioni besteht nur aus drei Gassen, die parallel zueinander durchs Dorf führen. Von der Porta Franca zum gegenüberliegenden Tor, der Porta Fiorentina, sind es gerade einmal 170 Meter!
Eigentlich wären wir schnell durch, wären da nicht die netten Geschäftchen mit schönen und auch witzigen Sachen. Da gibt’s einiges zu betrachten (und auch einzukaufen), das dauert dann schon ein bisschen.
Pause
Die haben wir uns jetzt verdient! Rund um die Piazza Roma gibt es mehrere Restaurants, Bars und Cafés. Wir suchen uns einfach eines aus und lassen uns nieder! Mit super Blick auf die Kirche, die alten Häuser und die Touristen.
Denn natürlich sind wir nicht allein hier! Aber der Ansturm hält sich sehr in Grenzen, die Besucher sind überschaubar. Es wälzen sich keine Menschenmassen durch die Gassen, in manchen Eckchen sind wir sogar allein. Und einen Platz in der Bar finden wir auch ohne Probleme.
Alles ist ruhig und entspannt, richtige Urlaubserholung also!
Auf der Mauer
Aber natürlich will ich Monteriggioni nicht verlassen, ohne den Mauerring bestiegen zu haben!
Aufgänge gibt es an zwei Stellen, jeweils in der Nähe der beiden Stadttore.
Der Eintritt kostet 4 € und gilt für beide Aufgänge (also Ticket gut aufheben!)
Leider ist der Mauerring von jeder Seite nur ein kleines Stück zugänglich, umrunden könnt ihr den Ort auf der Mauer daher nicht.
Das Wetter ist zwar heute leider nicht optimal, aber es bieten sich trotzdem oben tolle Ausblicke, sowohl auf Monteriggioni
als auch auf das Umland!
Vom Aufgang Porta Franca
vom Aufgang Porta Fiorentina
Fazit:
Monteriggioni hat mich wirklich begeistert. Mittelalterfeeling in entspannter Atmosphäre ohne großen Touristenrummel – einfach super!
Ich kann euch einen Besuch hier nur ans Herz legen!
Übernachtung:
Direkt an der Via Cassia Nord, ca. 800 Meter unterhalb von Monterriggioni, gibt es einen Wohnmobilstellplatz, die Area Camper „La Posta“.
Ca. 30 Stellplätze, WC, Dusche, Ver- und Entsorgung für 16 €/24 Stunden.
Infos unter Area camper „La Posta“ – Monteriggioni Porta del medioevo (monteriggioniturismo.it)
Von hier aus lauft ihr etwa 15 Minuten hoch in den Ort (stetig bergauf, aber zurück geht’s ja dann runter)
Wir übernachten hier heute allerdings nicht, weil wir noch mehr vorhaben!
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