Ihr mögt außergewöhnliche, ein wenig verrückte Kunst wie die von Antoni Gaudi oder Frida Kahlo? Ihr kennt die bunten, üppigen Nanas von Niki de Sainte Phalle? Und ihr findet es einfach bewundernswert, wenn jemand unbeirrt an der Erfüllung eines Traumes arbeitet, mag er noch so außergewöhnlich sein? Dann geht es euch wie mir (aber das letzte wisst ihr ja schon aus http://roaddreamin.de/when-dreams-come-true-5-originelle-und-sehenswerte-lebenswerke-wundersamer-maenner/ )
Und deshalb musste ich unbedingt einmal den „Giardino dei Tarocchi“ im äußersten Süden der Toskana besuchen. Und was soll ich euch sagen – ich habe es nicht bereut. Im Gegenteil: der Park hat mich völlig begeistert und in seinen Bann gezogen.
Riesige, kunterbunte Figuren stehen hier an einem Hang in der herrlichen Landschaft.
Es ist der Fantasie-Park von
Niki de Saint Phalle (1930 – 2002)
Catherine-Marie-Agnès Fal de Saint Phalle, genannt Niki, war ein französisch-amerikanisches Model und Künstlerin.
Berühmt ist sie vor allem für ihre „Nanas“ üppige, bunte Frauenfiguren. Mit diesen Figuren soll sie, so kann ich es nachlesen, auch den sexuellen Missbrauch als Kind durch ihren Vater verarbeitet haben.
Wenn ihr mehr über ihr interessantes Leben und ihr künstlerisches Schaffen erfahren wollt, dann schaut doch mal hier: http://nikidesaintphalle.org/niki-de-saint-phalle/biography/#1930-1949
Ihr kennt vielleicht eines ihrer bekanntesten Werke: den Brunnen vor dem „Centre Pompidou“ in Paris, den sie zusammen mit ihrem Mann, dem Künstler Jean Tinguely, geschaffen hat.
Wirklich eine außergewöhnliche Frau: „Ich hatte Glück, auf die Kunst zu stoßen, ebenso gut hätte ich Terroristin werden können.“
Inspiriert zu der Idee, einen Park mit eigenen Skulpturen zu gestalten, wurde sie durch einen Besuch in Antoni Gaudis „Parc Güell“ in Barcelona.
Und sie hatte das Glück, eine reiche Freundin zu haben – Marella Agnelli, die Frau des Fiat-Bosses Gianni Agnelli. Sie stellte Niki de Sainte Phalle 1979 ein Familiengrundstück in der südlichen Toskana zur Verfügung, damit diese ihren Traum verwirklichen konnte.
Ab diesem Zeitpunkt plante und entwarf sie unermüdlich die Kunstwerke für ihren Park.
Das Thema war für sie schnell klar:
Das Tarot (italienisch: Tarocchi)-Kartenspiel
Diese Karten haben ja eine jahrhundertelange Geschichte. Psychologische Deutung, Wahrsagung, esoterisch-spirituelle Bedeutung – vieles wird damit in Verbindung gebracht. Aber auf jeden Fall irgendetwas magisches und geheimnisvolles.
Und so heißen die 22 wichtigsten Trumpfkarten des Spieles auch Große Arkana, denn „arcanus“ bedeutet im lateinischen „Geheimnis“
Und diese 22 großen Arkana hat Niki de Sainte-Phalle hier in ihrem „Giardino die Tarocchi“ in ihrer ganz eigenen künstlerischen Art und Weise dargestellt.
Riesig, bis zu 15 Meter hoch sind die Skulpturen
Wie hat sie die Skulpturen geschaffen?
Nun, auf jeden Fall nicht alleine. Sie hatte jede Menge Helfer –andere Künstler, aber auch zum Beispiel einen Briefträger aus der Gegend, der hier bei der Mitarbeit erst den Künstler in sich entdeckte.
Die genaue Entstehung der Skulpturen beschreibt Niki de Sainte Phalle sehr interessant und unterhaltsam hier:
Die Kurzversion: Für die großen Kunstwerke wurde eine Eisenkonstruktion mit einem Drahtgitter versehen, auf das Zement gespritzt wurde.
Später wurden sie dann mit Spiegel- oder Keramikstückchen verziert.
Kleinere Skulpturen wurden in Polyester gegossen und mit Glas- Spiegel – oder Keramik verkleidet.
Durch ihre Arbeit mit Polyester und anderen chemischen Stoffen, deren Dämpfe sie bei der Herstellung ihrer Kunstwerke immer wieder einatmete, wurden ihre Lungen schwer in Mitleidenschaft gezogen und sie war schon früh gesundheitlich angeschlagen, was ihre Schaffenskraft aber nicht minderte.
Einer ihrer wichtigsten Mitarbeiter war ihr Mann, der berühmte Schweizer Künstler Jean Tinguely. Seine persönliche Handschrift finden wir immer wieder im Garten in Form der für ihn typischen maschinenähnlichen Skulpturen (er gilt bis heute als Hauptvertreter der kinetischen Kunst)
Sie legte übrigens viel Wert darauf, immer zwei Skulpturen gleichzeitig fertigzustellen, um die kosmischen Energien im Gleichgewicht zu halten.
Der Rundgang
ist ein wirklich außergewöhnliches Abenteuer. Wohin zuerst schauen? Ich weiß es nicht.
Farben, Formen, Glitzer und Spiegelungen – alles hier ist es wert, ganz genau betrachtet zu werden.
Und doch wirkt jedes Kunstwerk als Ganzes!
Der Hohepriester
die Hohepriesterin
zusammen mit dem Magier
die Gerechtigkeit
der Stern
die Sonne
die Stärke
der Kaiser
Alle Skulpturen und Arkana zeige ich euch hier nicht, denn ich möchte euch nicht den Reiz des Entdeckens bei eurem Besuch wegnehmen.
Eine interaktive Karte des Gartens findet ihr unter: http://ilgiardinodeitarocchi.it/de/visit/interactive-map/
Aber nicht nur auf die Skulpturen solltet ihr schauen, sondern auch nach unten, auf eure Füße! Denn auch direkt auf den Wegen hat die Künstlerin philosophische Weisheiten hinterlassen, die es zu entdecken lohnt!
Selbst diese Hinweisschilder sind Kunstwerke!
Mein persönliches Highlight des Gartens
ist zweifellos „die Kaiserin“. Hier findet sich von außen die Üppigkeit der Nanas wieder.
Aber das ganz besondere: die Kaiserin ist wie eine Sphinx gebaut. Ihr Inneres beherbergt eine ganze Wohnung, in der Niki de Sainte Phalle sogar lange gewohnt hat:
Und die heute zugänglich ist!
Salon mit Kamin, Esstisch, Küche, Schlafzimmer und sogar ein Bad – alles mit Millionen Spiegelstücken verziert. Einfach einmalig und unglaublich!
Im Inneren der „Kaiserin“ findet ihr noch die Skulpturen
Der Wagen
und die Auferstehung
So, und jetzt entdeckt diesen absolut außergewöhnlichen Ort doch mal selbst! Es lohnt sich!!
Info:
Der Garten ist vom 1. April bis 15. Oktober immer von 14.30 Uhr bis 19.30 Uhr geöffnet.
Der Eintritt kostet 12 Euro für Erwachsene
Genaueres zu Öffnungszeiten und Eintrittspreise findet ihr hier: http://ilgiardinodeitarocchi.it/de/visit/
Anfahrt:
Der „Giardino dei Tarocchi“ liegt in der südlichen Toskana, nahe dem Ort „Capalbio“ ( ca. 60 Kilometer südlich von Grosseto, 140 Kilometer südlich von Siena)
Von Norden nehmt ihr am besten die SS 1 Via Aurelia Richtung Rom bis „Str. Pescia Fiorentina Chiarone“ Richtung Pescia Fiorentina. von der Abfahrt aus sind es noch etwa 2 Kilometer bis zum „Giardino die Tarocchi“
Camper-Übernachtungstipp:
Auf dem Parkplatz des „Giardino dei Tarocchi“ ist die Übernachtung nicht verboten. Platz gibt es genug. Die Toiletten (Dixi-Klos) sind nur geöffnet, wenn auch die Bar offen hat (Schlüssel muss an der Bar abgeholt werden).
Wer lieber ans Meer möchte, muss nur wenige Kilometer weiterfahren und kommt zum „Ultima Spiaggia“, dem letzten Strand in der Toskana, bevor dann nur ein kleines Stückchen südlich die Region „Lazio“ beginnt.
Hier gibt es den Campingplatz „Capalbio Village“
In der Hochsaison ist der „Ultima Spiaggia“ sehr beliebt, besonders von Gästen aus dem nur etwa 140 Kilometer entfernten Rom. Dementsprechend voll sind im Sommer der Strand und der angrenzende Campingplatz.
Ende September ist hier allerdings nur noch wenig los (und das Wetter tut heute sein Übriges).
Der Campingplatz ist gut ausgestattet. Die Sanitäranlagen sind gepflegt, das Restaurant mit Bar sehr gut.
Der Strand ist traumhaft, auch wenn heute alles andere als Badewetter ist und die Strandbar geschlossen hat.
Blick nach Norden zum Monte Argentario
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